Amtseinführung Joe Biden - Gedanken zu Führung

Mit Joe Biden zieht heute – wenn alles gut läuft – wieder ein Mensch ins Weiße Haus ein, mit dem man reden kann. Der eher die Verbindung sucht statt die Trennung. Der vielleicht nicht der Beste seines Abschlussjahrgangs war, aber immerhin Bildung zu haben scheint – was wichtig ist, um anders denkende Menschen überhaupt zulassen zu können.

Und doch gehört er auch zu den „old white men“. Jahrgang ’42, klassische Karriere im weißen Mittelstand der USA. Gerade deshalb haben ihn die Demokraten ja auch aufgestellt – als Gegenpool zum scheidenden Präsidenten. Dessen Namen ich gar nicht mehr nennen will (analog zu Harry Potter resp. Voldemort, dessen Namen nicht genannt werden durfte ;-). Immerhin: Sein Kabinett ist divers und in großen Teilen deutlich jünger als er selbst, seine Vize-Präsidentin Kamala Harris eine Frau mit indisch-karibischen Wurzeln. Auch hier hat er viel Fachkompetenz vereint. Das lässt hoffen auf konstruktive Dialoge. Einen ersten Schritt zur Versöhnung gabe es bereits - wer gestern die Gedenkfeier für die an Corona-Verstorbenen gesehen hat, der weiss, was ich meine. Amerikanisch zwar, aber sehr bewegend. Und das in den Mittelpunkt gerückt, um das es geht: um all die Menschen nämlich und nicht um die Führungspersonen.

Für das, was ihn im Amt erwartet, kann man ihm nur viel Glück und Stärke wünschen. Er muss die Demokratie wieder stärken – vielleicht das Wahlsystem reformieren, die Wirtschaft auf- und umbauen. Nach dem Sturm auf das Kapitol haben die Chinesen hier ja schon Hilfe angeboten (…).

 Das Gesundheitssystem muss reformiert und eine Strategie gegen Covid-19 gefunden werden. Unter dem letzten Präsidenten haben die USA die Vormachtstellung in der Welt komplett abgegeben. Dieser wollte „America great again“ machen – das Gegenteil ist eingetreten. Die ganze Welt scheint sich hier sogar mehr oder weniger einig zu sein. Einmal abgesehen von den Wählern, die immer noch glauben, dass bei der Wahl betrogen wurde und der Sturm auf das Capitol genau richtig (immerhin ca. 45 % der republikanischen Wählerschaft!) war. Das Land ist gespalten.

Es braucht auch eine Rückkehr zu Zahlen und Fakten. Zu Glaubwürdigkeit. Zu Vertrauen in die Demokratie und seinen Institutionen. Eine Mammutaufgabe und in vier Jahren kaum zu schaffen. Sich der Aufgabe trotzdem zu stellen, das bedeutet Mut und Verpflichtung dem Land und seinen Menschen gegenüber. Und den Glauben daran, dass es gelingen kann. Vielleicht nicht in vier Jahren, aber doch. Meinen Respekt haben der neue Präsident und sein Kabinett alleine dafür.

UND wer sich zum Abschied doch noch einmal mit den Persönlichkeitsmerkmalen des scheidenden Präsidenten (welche auch bei anderen Politikern und Managern beobachtet werden können) beschäftigen möchte, dem empfehle ich meinen Podcast vom 03. Dezember 2020: bit.ly/38U6tr3

Herzlich,

Ihre Anja Mumm