Neulich in einem Führungskräfte-Workshop:
Wir diskutieren über die Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz im Führungsalltag.
Ein jüngerer Teilnehmer lehnt sich entspannt zurück, öffnet ChatGPT auf seinem Laptop und sagt lächelnd:
„Ich hab das Tool einfach gefragt, wie man mit Veränderungsresistenz im Team umgeht – und zack, hatte ich fünf Lösungsansätze.“
Ich musste lachen. Und gleichzeitig spürte ich dieses kleine Ziehen im Bauch:
Wow. So einfach? Und wo bleibe ich da mit meinen 25 Jahren Führungserfahrung?
Ein kurzer Moment, in dem ich mich – wenn ich ehrlich bin – ein bisschen wie von Gestern fühlte.
Wenn Erfahrung plötzlich an Glanz verliert
Ich gehöre zur Generation, die noch gelernt hat, Briefe mit der Hand zu schreiben, Kundengespräche ohne Zoom zu führen und Entscheidungen nicht nach Daten, sondern nach Bauchgefühl zu treffen.
Erfahrung, Empathie, Intuition – das waren lange die Währungen, die zählten.
Und plötzlich scheint all das ein bisschen weniger wert zu sein als „KI-Kompetenz“.
Als würde das, was man über Jahrzehnte aufgebaut hat, nicht mehr so richtig mithalten können mit der neuen digitalen Geschwindigkeit.
Das kann weh tun.
Aber: Erfahrung ist nicht veraltet – sie ist verankert
Ich habe gelernt: Erfahrung ist kein Anker, der uns festhält – sondern einer, der uns Halt gibt.
Während KI lernt, was wir ihr füttern, wissen wir, warum wir tun, was wir tun.
Wir verstehen Zusammenhänge, können Nuancen spüren, Zwischentöne hören.
KI mag Antworten liefern – aber wir bringen die Fragen, die wirklich zählen.
Und das ist etwas, das man nicht googeln kann.
Die Jungen und die Leichtigkeit des Neuen
Ich schaue voller Respekt (und manchmal auch etwas Neid 😉) auf die jüngere Generation.
Wie selbstverständlich sie Tools ausprobieren, wie angstfrei sie sich durch digitale Räume bewegen.
Was uns Babyboomer*innen noch Kopfzerbrechen bereitet, ist für sie schlicht: Alltag.
Und hier liegt die eigentliche Stärke:
Sie trauen sich, ohne alles zu verstehen, einfach loszulegen.
Während wir oft erst sicher sein wollen, bevor wir starten.
Brücken statt Barrieren
Was ich mir wünsche – und was ich in meiner Arbeit als Coach auch immer wieder erlebe – ist ein echtes Miteinander.
Wenn Erfahrung und KI-Kompetenz auf Augenhöhe zusammentreffen, entsteht ein kraftvolles Team:
Reflektierte Neugier.
Neugier mit Tiefgang.
Die Jungen bringen Tempo, die Älteren bringen Richtung.
Und zusammen entsteht Entwicklung – die nicht nur smart, sondern auch sinnvoll ist.
Fazit
Ich will nicht entweder erfahren oder digital fit sein.
Ich will beides.
Denn Zukunft ist kein Entweder-oder – sie ist ein Sowohl-als-auch.
Es geht nicht darum, ob Erfahrung oder KI-Kompetenz die Zukunft gewinnt.
Es geht darum, wie wir beides verbinden können.
Denn am Ende gilt:
KI kann viel – aber sie kann nicht weise sein.
Und Erfahrung ist stark – aber sie bleibt stärker, wenn sie neugierig bleibt.
Oder, um es mit einem Augenzwinkern zu sagen:
Die Jungen wissen, wie man ChatGPT fragt.
Die Erfahrenen wissen, welche Fragen sich wirklich lohnen. 😉
🪞Zum Weiterdenken
Wie erlebst du selbst den Spagat zwischen Erfahrung und digitaler Kompetenz in deinem Alltag oder deinem Team?
Wo hält dich vielleicht alte Sicherheit zurück – und wo könnte ein bisschen Neugier neue Türen öffnen?
Und umgekehrt: Wo braucht es mehr Tiefgang statt Tempo?
Denn am Ende lernen wir alle – egal ob digital native oder analog erfahren – vor allem eines:
Wachstum hört nie auf.